Der Feldhamster - einst gehasst, heute bedroht

23.10.2020, Claudia Kistler
Klein, putzig und verfressen - wer kennt sie nicht, die kleinen Hamster. Bei unserer Partnerorganisation Wilde Nachbarn Österreich werden regelmässig Beobachtungen der kleine Nager gemeldet. Denn dort kommen sie noch wild vor. Zum Beispiel auf den Wiener Friedhöfen.
Die grosse Familie der Hamster

Der Feldhamster (Cricetus cricetus) ist die einzige in Europa lebende Hamsterart. Er ist etwa doppelt so gross wie der Goldhamster, der aus Syrien stammt, und etwa zehnmal so schwer wie der dsungarischen Zwerghamster aus der Region der Mongolei. Diese beiden Arten drehen wohl in mancher Schweizer Stube nachts ihre Runden im Hamsterrad, denn von ihnen stammen die für die Heimtierhaltung gezüchteten Tiere ab. Neben diesen bekannteren Arten gibt es rattenartige Hamster, den Eversmann-Zwerghamster, den Gansu-Zwerghamster, den Grauhamster, den Sokolow-Zwerghamster und viele mehr. Die Vielfalt ist riesig.

Feldhamster erreichen eine Grösse von 35 cm und wiegen bis zu 500 g.
Hamstern für den Winter

Feldhamster graben ihre Baue in Steppen und landwirtschaftlichen Feldern. In diesem Bau verbringen sie auch ihren Winterschlaf. Um dabei nicht zu verhungern, legen sie sich einen grossen Vorrat an Körnern, Früchten und Samen an. Beim Sammeln helfen ihre dehnbaren Backentaschen. In ihnen hamstern sie grosse Mengen an Nahrung, die sie dann in ihren Bau zurücktragen [1].

Eingang zum unterirdischen Gangsystem.
Reizbare Einzelgänger

Der Feldhamster ist wie auch der Goldhamster ein Einzelgänger. Nur zur Paarung treffen sich Weibchen und Männchen, Jungenaufzucht ist Frauensache. Bis zu dreissig Junge kann er bei guten Bedingungen pro Jahr zur Welt bringen. Bei einer Begegnung mit Feinden, wie Katzen, Füchsen oder Mardern, aber auch mit anderen Hamstern wird aus dem süssen kleinen Fellknäuel ein fauchendes Ungeheuer. Er stellt sich auf die Hinterbeine, macht sich ganz gross und faucht und knurrt dann alle unerwünschten Besucher an. Durch seine spezielle Fellzeichnung wirkt dies gleich noch furchteinflössender [2].

Die dehnbaren Backentaschen sind sehr hilfreich: Der Hamster sammelt Nüsse des Baumhasels für den Winter.
Schrecken der Landwirtschaft

Bis vor wenigen Jahrzehnten war der Hamster ein häufiger Bewohner in Mitteleuropa. So häufig, dass er ganze Ernten vernichtete und bei den Bauern äusserst verhasst war. In der DDR konnte ihr Fell ausserdem verkauft werden, daher wurde der ‘Hamsterjäger’ zum beliebten und lukrativen Nebenberuf [3]. Für den Boden aber ist die Aktivität von Hamstern eher förderlich. Ihre bis zu 1.2 m tiefen Gänge, die sie teils mit Stroh auspolstern, fördern die Durchmischung und Auflockerung der Erde [4].

Der Hamster ernährt sich von pflanzlicher und tierischer Kost.
Moderne Landwirtschaft: der Schrecken der Hamster

Ganz anders sieht es heute aus. Bei uns in West- und Mitteleuropa ist der Hamster vom Aussterben bedroht. In Frankreich, Deutschland und Österreich halten sich noch letzte Populationen. Weil das Getreide früher und sehr gründlich geerntet wird, bleibt dem kleinen Vierbeiner weniger Zeit, sich einen Wintervorrat anzulegen [2]. Die grossen Maschinen zerstören seinen Bau. Und durch die Bautätigkeit des Menschen wird sein Lebensraum zerstückelt, was seine Ausbreitung verhindert, oder ganz zerstört. Auch Maisfelder tragen zu seinem Verschwinden bei. Zum einen bieten diese bis ins Frühjahr kahlen Felder keinerlei Schutz [5]. Zum anderen erleidet der Hamster einen Vitamin-B3-Mangel, wenn er sich hauptsächlich von Mais ernährt., Dies wiederum führt dazu, dass die Tiere aggressiver werden und ihren eigenen Nachwuchs fressen. Dies wurde in einer Studie im Elsass herausgefunden [6]. 
In Deutschland und Österreich gibt es Schutzprojekte für den Hamster. Als sehr anpassungsfähiges Wildtier hat er sich zudem den städtischen Lebensraum erobert.

Vom Land- zum Stadthamster: Auf den Wiener Friedhöfen findet der Hamster gut Lebensbedingungen.
Verwendete Literatur

[1] https://wildenachbarn.at/tiere/europ%C3%A4ischer-feldhamster

[2] https://www.deutschewildtierstiftung.de/wildtiere/feldhamster#fakten

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Feldhamster

[4] https://www.feldhamster.de/

[5] https://www.geo.de/geolino/tierlexikon/117-rtkl-tierlexikon-feldhamster

[6] Mathilde Tissier. Conservation biology of the European hamster (Cricetus cricetus): Nutritionaleffects of crops on hamsters fitness and evaluation of their antipredatory behavior to upgrade wildlifeunderpasses. . Biodiversity and Ecology. Université de Strasbourg, 2017. English.